Das Buch des Jahres 2012 war der erste Teil von SHADES OF GREY. Die Trilogie stammt von E. L. James alias Erika Leonard und wird gern als Sadomaso-Schmonzette bezeichnet. Fakt ist: SHADES OF GREY stellte Autoren wie J. K. Rowling oder den leider verstorbenen Stieg Larsson in Schatten.
Photo by Charles Deluvio
Hauptcharektere sind Anastasia und Christian, die sich bei einem Interview kennenlernen. Die beiden beginnen eine Liebschaft, in welcher Christian später seine Vorlieben offenbart: Sadismus, Bondage und Dominanz. Anastasia hat zunächst Angst, lässt sich aber auf die Bettspielchen ein, um dann später davonzulaufen. Und Christian, immer her der Situation, verliebt sich in die schöne Brünette.
Das erste Buch SHADES OF GREY war im Amerika ein Überflieger, vor allem bei Frauen, obwohl das Frauenbild in der Trilogie nicht das Heroischste ist. Es entspricht Vorstellungen, die wir Frauen eigentlich hinter uns lassen wollten. Ein Mann, reich, schön und klug legt einer Frau alles zu Füßen. Sie muss nichts tun, außer sich in seine Abhängigkeit zu begeben. Warum also ist diese Geschichte mit seiner Erotik, Liebesgeplänkel und Sex-Praktiken so erfolgreich?
Ohne schlechtes Gewissen lesen
Früher nannten Kritiker diese Art der Literatur allzugern „Schund“. Entweder die Leute lasen es heimlich, unterwegs versteckt hinter eine Zeitung im Bus oder auf einer verlassenen Parkbank an der Schnellstraße, oder gar nicht. So ein Buch kauften damals nur die Mutigsten. Die Anderen fanden es irgendwo und lunzten dann mit glühenden Ohren hinein.
Ebook Reader haben es ermöglicht, dass wir lesen können, ohne das jemand sieht, was wir lesen. Wir können alles lesen. Wann und wo wir möchten. Keiner muss sich schämen. Warum also nicht ein Buch über spezielle, sexuelle Vorlieben? Diese haben ebenso eine Berechtigung wie Bücher über das Kacken.
Aber warum kommt SHADES OF GREY denn nun so gut bei Frauen an? Katie Roiphe in NEWSWEEK hat eine Ahnung. Sie glaubt, unsere Schuldgefühle sind es. Frauen schämen sich, neben Männern eine gleichberechtigte oder übergeordnete Stellung zu besetzen und lassen sich in Phantasien bestrafen. Weit hergeholt? Meiner Meinung nach, ja!
Wenn sich eine Frau heutzutage für ihren Posten schämt, dann muss sie an ihrem Selbstbewusstsein arbeiten. Feministen haben lange dafür gekämpft, dass es überhaupt möglich ist, dass Frauen in Führungspostionen sitzen. Kommt so etwas wirklich vor? Ich kann es mir nicht vorstellen. So viele Frauen sind stolz auf das, was sie leisten. Wieso sollte sich eine Frau für ihren Erfolg bestrafen lassen wollen? Wenn der Partner ihr deswegen die Hölle heiß macht, ja, das ist aber ein anderes Problem.
Zudem ist Erika Leonard alles andere als eine Frau, die sich dafür schämt, mehr als männliche Kollegen zu verdienen. Sie ist zweifache Mama und arbeitete bis zum Bucherfolg bei der BBC London.
shades of grey vs fifty shades of grey
In der Trilogie kommt die weibliche Hauptdarstellerin sehr klischeehaft daher. In der Verfilmung mit Dakota Johnson und Jamie Dornan gewinnt Anastasia etwas an Selbstbewusstsein. Die Verfilmung der Trilogie spielte mehr als 1 Millarde Dollar ein. Die Verfilmung hat den Titel 50 SHADES OF GREY OF GREY, denn der originale Buchtitel lautete FIFTY SHADES. Ein Wirrwarr.
Gewalt als Motivation für shades of grey
Weil Buch und Film so erfolgreich waren, untersuchten Wissenschaftler das Phänomen. Sie wollten erfahren, ob sich Leserinnen und Nicht-Leserinnen unterscheiden. Resultat der Untersuchungen war, dass die Leserinnen ähnliche Erfahrungen wie Anastasia machten oder sogar eine ähnliche Persönlichkeit aufwiesen. Für die Studie zogen die Wissenschaftler mehr als 715 Frauen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren heran, die einen Hintergrund mit häuslicher Gewalt hatten.
Die Frauen, die den ersten Teil gelesen hatten, waren zu 25 Prozent mit einem Partner zusammen, der sie beschimpfte oder beleidigte. Das Risiko des Stalkings durch den Partner lag bei den Leserinnen bei 30 Prozent. Zudem zeigte die Studie, dass die Rolle der Ansatasia charakteristisch für Frauen sei, die mit häuslicher Gewalt konfrontiert werden.
Deswegen aber ist die Trilogie nicht schlecht. Denn in den Zwischenzeilen der Bücher finden sich die Opfer wieder und erkennen, sie sind nicht allein. Das allein reicht natürlich nicht, um diese Frauen zu heilen oder gar zu schützen.
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